Klinik und Poliklinik fuer Neurochirurgie: Kavernome
Krankheitsbild
Kavernome sind Gefäßmißbildungen, die aus kleinen dünnwandigen Blutgefäßen bestehen. Früher hat man angenommen, dass die Kavernome angeboren sind. Heute weiß man, dass Kavernome, wie andere Tumoren auch, neu entstehen können. Kavernome können überall auftreten. Für den Neurochirurgen sind die Kavernome im Gehirn, Rückenmark und der Augenhöhle relevant. Kavernome können bluten und werden dadurch häufig symptomatisch. Die Blutungswahrscheinlichkeit wird in größeren Studien unterschiedlich angegeben, liegt aber zwischen ca. 1 ? 6 % pro Jahr. Bei Blutungen in den Hirnstamm oder das Rückenmark können schwere neurologische Störungen, wie z. B. eine Querschnittslähmung resultieren.
Mikroskopisches (A) und endoskopisches (B) Bild eines Kavernoms (typische Maulbeeren-artige Struktur)
Symptome
Die Symptome können sehr vielfältig sein. Viele Kavernome werden initial durch Krampfanfälle symptomatisch. Bei entsprechender Lokalisation können auch neurologische Defizite wie z. B. Lähmungen, Sensibilitäts-, Sprach-, Gleichgewichts- oder Sehstörungen auftreten. Wenn Kavernome stärker bluten, werden auch akute Kopfschmerzen beklagt.
Diagnostik
Die Kernspintomographie (MRT) mit Kontrastmittelgabe ist die Untersuchung der Wahl (Abb. 2 A,D). Diese Technik erlaubt die Darstellung auch sehr kleiner Kavernome. Mit speziellen Sequenzen können die Blutabbauprodukte sehr schön erkannt werden (Abb. 2 C). Neben der Bildgebung sind eine neurologische Untersuchung sowie eine Ableitung der Hirnströme (Elektroenzephalographie) wichtig.
Kernspintomographie von Cavernomen
A und B: Cavernom im Hirnstamm (Pfeile) C: multiple Cavernome D: Cavernom im Rückenmark (Pfeile)
Behandlung
Die Behandlung, insbesondere die Frage, ob ein Kavernom operiert werden muß, hängt von vielen Faktoren ab. Prinzipiell ist die komplette Kavernomentfernung die Therapie der Wahl, wenn ein Kavernom symptomatisch ist oder war (z. B. durch eine Blutung). Hat ein Kavernom einmal geblutet, besteht die Gefahr der erneuten Blutung, die häufig mit schwereren neurologischen Störungen verbunden ist als die primäre Blutung. Trotzdem wird nicht jedes geblutete Kavernom sofort operiert. Insbesondere bei Hirnstammkavernomen, die nicht bis an die Oberfläche reichen und keine oder nur sehr geringe neurologische Störungen verursachen, ist es häufig besser abzuwarten, da allein durch den Zugangsweg zum Kavernom deutliche neurologische Störungen entstehen können. Die Lage des Kavernoms ist also ein entscheidendes Kriterium für oder gegen eine Operation. Bei progredienten (fortschreitenden) neurologischen Störungen muß natürlich in jedem Fall operiert werden, da schwere irreversible Behinderungen resultieren können. Auch das Alter des Patienten ist von Bedeutung. Durch die Operation ist eine Heilung möglich. Rezidive sind nach kompletter Tumorentfernung extrem selten (kein Patient bisher in unserer Serie). Deshalb wird immer eine komplette Tumorentfernung angestrebt. In jedem Fall ist die individuelle Beratung des Patienten erforderlich.
Wurde das Kavernom durch einen epileptischen Anfall auffällig und liegt in einer leicht zugänglichen Hirnregion, wird ebenfalls die Operationsindikation gestellt. Alternativ kann bei Wunsch des Patienten auch nur eine medikamentöse Therapie der Epilepsie erfolgen. Liegt das Kavernom in schwierig zugänglichem Gebiet wird nur bei therapieresistenter Epilepsie operiert. Die Wirksamkeit der Strahlentherapie ist bisher nicht erwiesen und wird durch uns nicht empfohlen.
Bei symptomatischen Kavernomen im Rückenmark sollte frühzeitig operiert werden, da eine Querschnittslähmung droht. Insbesondere bei fortschreitenden Symptomen durch mehrzeitige Kavernomblutungen muß zeitnah operiert werden.
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